Putins Armee-Probleme: „In Deutschland gibt es immer diese Traumbilder von Russland“ (2024)

Militärökonom Marcus Keupp hat in einem großen Interview über die massiven Material-Probleme der Russen gesprochen. Bei erneuten russischen Bombenangriffen gibt es viele Tote und Verletzte Süden und Osten der Ukraine. Alle Nachrichten zum Krieg gegen die Ukraine im Newsticker.

Elf Tote bei russischen Angriffen im Süden und Osten derUkraine

23.32 Uhr: Bei russischen Angriffen im Süden und Osten derUkrainesind nach ukrainischen Angaben elf Menschen getötet worden. Bei dem Angriff auf die Stadt Vilniansk in der Region Saporischschja seien sieben Zivilisten getötet worden, darunter zwei Kinder, erklärte Gouverneur Iwan Fedorow am Samstag in Onlinediensten. Bei Angriffen auf Dörfer nahe der östlichen Front in der Region Donezk wurden nach offiziellen Angaben vier Menschen getötet.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte angesichts der jüngsten Angriffe „beschleunigte“ Waffenlieferungen aus dem Westen. „Jede Verzögerung von Entscheidungen in diesem Krieg bedeutet den Verlust von Menschenleben“, erklärte Selenskyj und forderte die Lieferung von Waffen, um „die russischen Raketenwerfer zu zerstören“.

Laut Fedorow wurden bei dem Angriff auf Vilniansk zehn Menschen verletzt sowie eine „wichtige Infrastruktureinrichtung, ein Geschäft und Wohngebäude“ beschädigt. Vilniansk liegt 29 Kilometer nordöstlich von der Regionalhauptstadt Saporischschja entfernt, die von derUkrainekontrolliert wird. Russland hält große Teile der Region besetzt.

Russland greift seit Beginn der Invasion im Februar 2022 immer wieder Saporischschja und umliegende Städte an. In den vergangenen Wochen hat Moskau seine Angriffe jedoch vor allem auf den Osten derUkrainekonzentriert.

Im Dorf Saritschne in der Region Donezk „haben die Russen drei Menschen getötet“, schrieb Gouverneur Wadym Filaschkin in Onlinediensten. Der ukrainische Generalstaatsanwalt teilte später mit, ein weiterer Mensch habe im an der Front gelegenen Dorf New York „tödliche Verletzungen erlitten“. New York wird seit Mitte Juni im Zuge der russischen Bemühungen, die Stadt Torezk zu erobern, immer wieder angegriffen.

Das russische Verteidigungsministerium hatte zuvor die Einnahme eines weiteren Dorfes in der Ostukraine gemeldet. Die russischen Streitkräfte hätten die Siedlung Schumi in der Region Donezk eingenommen und somit ihre „taktische Position“ verbessert, erklärte das Ministerium. Schumi liegt weniger als zehn Kilometer östlich der Stadt Torezk, auf die russische Kräfte seit Wochen vorrücken. Torezk liegt seinerseits nordwestlich der Stadt Gorliwka, die sich seit 2014 unter der Kontrolle von Separatisten befindet.

Die ukrainische Polizei teilte am Samstag zudem mit, dass sie eine Frau tot aufgefunden habe, die bei einem russischen Angriff auf die Stadt Dnipro am Freitag getötet worden sei. Bei dem Angriff auf die Stadt nördlich von Saporischschja wurden demnach 13 weitere Menschen verletzt.

Militärexperte über Putins Probleme: „In Deutschland gibt es immer diese Traumbilder von Russland“

Samstag, 29. Juni, 11.20 Uhr: Immer wieder sind die Materialprobleme der russischen Armee Thema im Ukraine-Krieg. Der Militärökonom Marcus Keupp hat sich in den vergangenen Monaten mehrfach zur Abnutzungsrate der Russen geäußert und errechnet, wann Putins Truppen das Material ausgeht. In einem Interview mit der „FAZ“ greift er das Thema erneut auf. Mithilfe von Satellitenbildern hat Keupp analysiert, wie viele Panzer die Russen bereits verloren haben - nämlich 3000 seit Kriegsbeginn.

Dagegen stehen 300 bis 500 neugebaute Panzer pro Jahr. „Wenn sie aber vier pro Tag verlieren, merken Sie, das kommt nicht hin“, so Keupp. Was die Frage aufwirft: „Woher nimmt Russland die Differenz?“ Und Keupp führt aus: „Dann schauen Sie auf die Satellitenfotos und stellen plötzlich fest, dass sich die alten sowjetischen Militärlager mit massiver Geschwindigkeit leeren.“

Das sorgt für massive Probleme bei den russischen Truppen. „Es kommt immer älteres und schlechteres Material auf das Kampffeld“, sagt Keupp. Da die russische Rüstungsindustrie ein „unglaublich korruptes und ineffizientes Konglomerat“ sei, fehle die „Geschwindigkeit und Intensität, die benötigt würde, um den Krieg in seiner jetzigen Form aufrechtzuerhalten“. Keupps Schlussfolgerung: „Die Zeit läuft gegen Russland.“

Im Krieg merke man das bereits an einigen Stellen: „Die ursprüngliche Invasionsarmee von 2022 ist materiell und personell vernichtet“, erklärt Keupp. Seit den ersten gescheiterten koordinierten Angriffen sei Russlands Kriegsführung eine „Dauerimprovisation“. Keupp weiter: „Es gibt Videos, wie russische Infanteristen auf Motorrädern, Quad Bikes und Golf Carts vorrücken, ohne jede Panzerung. Eine Armee, die so vorgeht, hat ein Problem.“

In dem Interview spricht der Militärökonom auch über das deutsche Bild von Russland. Immer wieder gibt es Stimmen, die warnen, Russland zu unterschätzen. Argumente dafür sind die hohen Einnahmen aus Öl und Gas sowie Technik und Munition aus anderen Staaten. Hier sieht Keupp lediglich „Pseudoargumente“. „Warum hat Russland dann nicht schon längst gewonnen, wenn es doch so groß und mächtig ist?“ Und er schließt an: „In Deutschland gibt es immer diese Traumbilder von Russland: das Märchen vom Land der unendlichen Ressourcen. In anderen Ländern ist das nicht so, da wird Russland realistischer gesehen.“

Tote und Verletzte bei russischen Bombenangriffen im Donezker Gebiet

Freitag, 28. Juni, 15.51 Uhr: Bei russischen Bombardements sind in der Siedlung Nju-Jork (New York) in der Ostukraine mindestens vier Zivilisten getöteten worden. Drei weitere wurden verletzt, wie die Staatsanwaltschaft des Gebiets Donezk am Freitag mitteilte. Die Angreifer hätten unter anderem eine Gleitbombe mit einer Masse von 250 Kilogramm eingesetzt, die mehrere Wohnhäuser beschädigt habe. An dem Frontabschnitt nahe der Stadt Torezk hatten russische Truppen zuletzt ihre Angriffe intensiviert und kleinere Gebietsgewinne erzielt.

Der Gebietsverwaltung zufolge sind zudem am Vortag durch russischen Beschuss bei Kurachowe und um Torezk mindestens drei Menschen getötet und fast 20 verletzt worden. Mehr als 30 Wohngebäude seien beschädigt worden. DieUkrainewehrt seit über zwei Jahren eine russische Invasion ab. Russland verlangt vom Nachbarstaat unter anderem die vollständige Abtretung des Donezker Gebietes.

Zwei Dutzend Wehrpflichtige an der Flucht aus derUkrainegehindert

16.33 Uhr: Der ukrainische Grenzschutz hat zwei Dutzend wehrpflichtige Männer an der Flucht aus dem Kriegsland gehindert. Die Gruppe sei bei der Ortschaft Kelmenzi an der Grenze zu Moldau im westukrainischen Gebiet Tscherniwzi (Czernowitz) festgenommen worden, teilte die Behörde am Donnerstag mit. Die Wehrpflichtigen stammen demnach aus verschiedenen Landesteilen und hatten vor, im Schutz der Nacht zu Fuß über die grüne Grenze zu flüchten. Fluchthelfern haben den Angaben zufolge pro Person 12000 Euro kassiert.

DieUkrainewehrt seit über zwei Jahren eine russische Invasion ab, hat das Kriegsrecht verhängt und eine Mobilmachung angeordnet. Seitdem können Männer im wehrpflichtigen Alter zwischen 18 und 60 Jahren das Kriegsland nur in Ausnahmefällen verlassen.

EU und Ukraine unterzeichnen Sicherheitsvereinbarung

Donnerstag, 27. Juni, 14.34 Uhr: Die EU hat mit der von Russland angegriffenen Ukraine eine Vereinbarung zur Sicherheitskooperation und langfristigen Unterstützung getroffen. Das Dokument wurde am Donnerstag am Rande des EU-Gipfels in Brüssel vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sowie von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel unterzeichnet.

EU-Staaten einigen sich auf Sanktionen gegen Russlands Partner Belarus

14.03 Uhr: Die EU-Staaten haben sich auf neue Sanktionen gegen Russlands Partnerland Belarus verständigt. Wie die derzeitige belgische EU-Ratspräsidentschaft am Mittwoch mitteilte, soll mit ihnen insbesondere die Umgehung von bereits bestehenden Russland-Sanktionen erschwert werden. Man verstärke weiter die Maßnahmen in Reaktion auf Russlands Invasion in die Ukraine, hieß es.

Die Einigung auf das Sanktionspaket wurde den Angaben zufolge bei einer Sitzung der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten bei der EU in Brüssel erzielt. Sie muss nun nur noch in einem schriftlichen Verfahren formalisiert werden. Dann sollen auch Details zu den neuen Maßnahmen veröffentlicht werden.

Belarus ist wegen seiner Unterstützung für Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine in Europa weitgehend isoliert. Lediglich Ungarn unterhält aus der EU noch engere Kontakte zu dem Land. Bereits heute gibt es weitreichende EU-Strafmaßnahmen gegen Belarus. Sie umfassen Ausfuhrverbote für Waffen und Güter und Technologien der Luftfahrt-, Weltraum- und Verteidigungsindustrie. Zudem wurde etwa der Ausschluss von vier belarussischen Banken aus dem Finanzkommunikationssystem Swift erlassen und ein Transaktionsverbot mit der belarussischen Zentralbank verhängt.

Bericht: Union lässt Status-Änderung von Ukrainern prüfen

Mittwoch, 26. Juni, 05.02 Uhr: In der Debatte über die Zahlung von Bürgergeld an Geflüchtete aus der Ukraine lässt die Unionsfraktion im Bundestag nach Informationen der „Welt“ (Mittwoch) derzeit eine mögliche Änderung des Status der Menschen prüfen. Sie hätten nach einem „Rechtskreiswechsel“ keinen Anspruch mehr auf Grundsicherung beziehungsweise Bürgergeld, wie es hieß. Das Gutachten soll Fraktionskreisen zufolge im August vorliegen.

Das Gutachten soll laut Bericht ein „Zwischenschritt dafür sein, Ukrainern künftig einen neuen Status zwischen Asylbewerbern und Bürgergeldempfängern verleihen zu können - mit einem geringeren Regelsatz, als er derzeit für das Bürgergeld gilt“.

Mitte Juni hatte die Bundesregierung erklärt, dass sie derzeit keinen Anlass für Änderungen an den staatlichen Sozialleistungen für Ukrainer sehe. Dass sie EU-weit einen einheitlichen Schutzstatus hätten, sorge für eine Entlastung der Länder und des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, da keine langwierigen Asylverfahren nötig seien.

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